Meine Damen und Herren,
Herzlichen Dank für die Einladung Herr Schwarz! Gerne bin ich der Einladung gefolgt, und möchte Ihnen hier anhand unserer Einsätze etwas über die Augenheilkunde in Tansania berichten.
Zunächst einige Worte zum Land selbst.
Tansania ist ein in Ostafrika gelegenes Land, das im Osten an den Indischen Ozean grenzt und im Westen an den zentralafrikanischen Graben mit den 3 großen Seen Viktoria, Tanganjika und Malawi.
Im Norden liegt die Massai-Savanne mit ihren kleinen Massai Siedlungen.
Im Nordwesten ist die Serengeti, der wohl bekannteste Nationalpark Afrikas. (in der Massai-Sprache „Weites Areal-unendliches Land, große Ebene).
Eine unendliche Tiermigration bsd. der Gnus ist dort jedes Jahr zu sehen.
Feucht- und Trockensavannen mit riesig breiten Schirmakazien und alten Baobab-Bäumen dominieren einen Großteil Tansanias.
An der Grenze zu Kenia erhebt sich das höchste Bergmassiv Afrikas, der Kilimandscharo mit seinen rund 5.900 m Höhe.
Tansania zählt ca. 45-50 Millionen Einwohner. Trotz eines Wirtschaftswachstums von etwa 7 % im Jahr gehört Tansania zu den ärmsten Ländern der Welt, was sich besonders bei der medizinischen Versorgung in ländlichen Regionen bemerkbar macht.
Tansania gilt als sicheres Reiseland und ist relativ stabil.
Tanganjika wie es hieß, wurde erst 1961 von der englischen Krone unabhängig und verband sich 3 Jahre später mit Sansibar zu Tansania.
In Tansania werden über 125 verschiedene Stammes-Sprachen gesprochen. Swahili ist die Nationalsprache.
Jeder kann sich nun vorstellen, wie schwierig die Verständigung für uns vor Ort mit den Patienten war und ist.
Nun zu unserer eigentlichen augenärztlichen Mission.
Weltweit gibt es mehr als 39 Millionen Blinde, davon leben 90 % in den sogen. Entwicklungsländern.
Auf die 45 Millionen Einwohner von Tansania, etwa ½ so viel Menschen wie in Deutschland, kommen ca. 40 Augenärzte.
Allein in Berlin sind 2017 etwa 430 Augenärzte, in Gesamtdeutschland über 8.000 Augenärzte tätig.
Das verdeutlicht wie schwierig die Versorgungslage in diesem afrikanischen Land ist. Hinzu kommt, dass sich die Augenärzte in den größeren Städten konzentrieren und die Landbevölkerung kaum oder keinen Zugang zur augenärztlichen Versorgung hat.
Wer ein Land wie Tansania einmal bereist hat, der kehrt mit unbeschreiblichen Eindrücken zurück.
Der Verein Vision for Puma (Tansania) wurde Anfang Mai 2010 gegründet und engagiert sich seit dieser Zeit in der Stadt Puma in Landesmitte, 200 km von Dodoma, dem Regierungssitz, von Tansania.
Puma ist ein kleines Dorf inmitten von Tansania. Das Dorf liegt an der während der deutschen Kolonialzeit entstandenen Eisenbahnstrecke Daressalam-Singida.
Puma liegt in der tansanischen Steppe, in einem sehr steinreichen Gebiet. Die Hütten der Einwohner sind oft zwischen den Steinen errichtet.
In Puma befindet sich die katholische Missionsstätte
Die Mission wurde Mitte der 70er Jahre von einer Deutschen, der Mutter Maria, errichtet.
Ihr Missionsauftrag lautete damals, eine Krankenstation in dieser ländlich armen Region einzurichten, die Bewohner der Region zu missionieren und in schlechten Zeiten mit Essen zu versorgen.
Mehr als 40 Jahre sind jetzt vergangen und das Krankenhaus steht seit einigen Jahren.
Es wird heute mit Spendenmitteln aus Deutschland unterstützt.
Durch mehrere Ärzte-Einsätze pro Jahr wird vor Ort unter Mithilfe von einheimischem Personal eine minimale medizinische Betreuung angeboten.
Anfang November 2009 führte uns nun eine zweiwöchige augenärztliche Hilfsaktion nach Puma. Initiiert wurde die Reise u.a. vom damaligen Chefarzt der Augenklinik in Glauchau, Dr. Klaus Schiller, der schon an mehreren Ärzteeinsätzen in Afrika teilgenommen hatte. Ich flog damals mit, da mein Unternehmen jährlich wichtige Medizinprodukte für ehrenamtliche Missionen in Afrika spendete und ich mir selbst vor Ort ein Bild davon machen wollte, wo die Spenden ankommen und wie diese verwendet werden.
Also flogen wir kurzentschlossen mit großem Reisegepäck nach Afrika. Unterstützt wurde unsere Reise damals noch von Interplast e.V. Ein Verein der Einsätze von plastischen Chirurgen mehrmals im Jahr nach Puma in das Missionskrankenhaus organisierte.
Wir flogen an einem Abend Anfang November 2009 von Frankfurt mit Zwischenstopp in Addis Abeba und landeten am frühen Morgen nach einer durchflogenen Nacht auf dem Flughafen von KJO.
Im Reisegepäck hatten wir alles, was für eine Augendiagnostik und die Behandlung einfacher Augenkrankheiten sowie für Augen-OPs an Medikamenten und Medizinprodukten notwendig war.
Die Einreise verlief damals noch sehr unbürokratisch, eine Zollkontrolle gab es zu dieser Zeit nur sehr oberflächlich. So konnten wir anschließend schnell das Gepäck auf einen Jeep verladen.
Abgeholt wurden wir vom Fahrer aus der Mission. Wir fuhren dann auch gleich los, denn vor uns lagen ja noch 450 km Fahrt durch die Steppe/Savanne. Es ging weiter in das ca. 50 km entfernte Arusha über eine schon relativ gut befestigte Straße.
Arusha ist das Eingangstor zu Tansania. Alle Bergbesteigungen des Kilimanjaros nehmen hier ihren Anfang. Die Serengeti ist von hier aus gut erreichbar.
Unweit von Arusha befindet sich das Kilimanjaro Christian Medical Centre. Dort wurde erst 1971 die erste Augenabteilung des Landes aufgebaut. Auch die erste optische Werkstatt zur Herstellung von Brillen und Hilfsmitteln für Sehbehinderte wurde dort eröffnet. Heute bietet die von der Christoffel-Blindenmission geförderte Augenabteilung der Klinik moderne Augenmedizin für ein Einzugsgebiet mit 8 Millionen Einwohnern im Norden an. Auch hier entstand die erste Produktionsstätte für Augentropfen.
Nach dem Passieren von Arusha verschlechterte sich der Zustand der Straße derart, dass wir in kurzer Zeit nur noch auf Sandwegen, rechts und links von Gestrüpp eingesäumt, fahren konnten.
Die Besiedlung der Gebiete rundum ist rar, landschaftlich ist eine große Steppe zu sehen. Die Menschen sind unglaublich arm.
Wir treffen nach kurzer Zeit der Fahrt auf das Massai-Gebiet mit ihren großen Viehherden.
Nach Monaten ohne Regen ist alles vertrocknet. Die Flussbetten, die zu sehen waren, waren leer. Die Regenzeit stand ja noch vor uns.
Nach einer langen Fahrt erreichten wir am frühen Abend unser 1. Ziel, eine kleine Missionsstation in Dareda, von Arusha ca. 250 km entfernt.
In Dareda befindet sich eine Außenstelle des Klosters mit einer Krankenstation und einem Kinder-Waisenhaus.
Nach einer Übernachtung begannen wir die Voraussetzungen für eine einfache augenärztliche Untersuchungsmöglichkeit zu schaffen.
Gestartet wurde dann auch gleich mit den Untersuchungen der Patienten.
Die Patienten warteten ja auf uns.
Der Medical Officer vor Ort half uns beim Übersetzen.
Wir konnten Patienten untersuchen und diese mit Medikamenten und Brillen versorgen.
Patienten mit Indikationen für operative Eingriffe sowie Indikationen für Folgeuntersuchungen wurden zu unserem eigentlichen Einsatzort nach Puma geschickt. Da einige der Patienten sich diese Fahrt finanziell nicht leisten konnten, erhielten Sie von uns das Fahrgeld.
Nach 2 Übernachtungen ging unsere Fahrt früh am Morgen in Richtung Puma nach herzlicher Verabschiedung weiter.
Immer wieder führte der schlechte Zustand der Sandwege zum Langsam fahren, besonders wenn wir von größeren LKWs und Bussen überholt wurden und die Sicht beträchtlich durch den aufgewirbelten Sand eingeschränkt wurde.
Von Dareda aus fuhren wir mit 2 Jeeps weiter, was sich auch bei einer anschließenden Reifenpanne als sehr hilfreich erwies.
So konnte der notwendige Reifenwechsel wenigstens im Scheinwerferlicht des 2. Autos erfolgen.
Aber auch hier erreichten wir endlich nach langer Fahrt am Abend das Ziel unserer Reise,
den Hauptsitz der Missionsstätte mit dem Hospital „Queen of Universe“ in Puma.
Untergebracht wurden wir im Gästehaus der Missionsstätte
Anschließend gab es das Abendessen.
Gekocht wurde von den Novizinnen und Schwestern im Kloster, die übrigens auch bei einem Teil ihrer Ausbildung in Deutschland kochen gelernt hatten.
Gekocht wird dort mit einfachen Mitteln aber trotzdem sehr schmackhaft, oft nach bayrischer Art.
Am nächsten Morgen begann dann unser Arbeitstag recht früh.
Die ersten Patienten erwarteten uns schon vor der Ambulanz. Der Andrang am 1.Tag war groß.
Der Aushang mit der Ankündigung unseres Teams hatte also Erfolg gezeigt, was wir Anfangs nicht geglaubt hatten.
Wir richteten uns nun so gut wie es ging ein, eine Augenambulanz und einen Augen-OP. Und dass mit all den Medikamenten und OP-Materialien, die wir hierfür mitgebracht hatten oder die noch in Kartons verpackt lagerten.
Größere Gerätschaften wurden damals mit der Bundeswehr im Vorfeld unserer Aktivitäten hierher geschickt. Das war 2009 noch möglich.
Nachdem alles aufgebaut war, begann die „normale“ Sprechstunde, wenn man jemals von normal sprechen kann.
Viele Patienten warteten geduldig vor der Ambulanz der Mission. Viele kamen oft barfuß zur Ambulanz, auch waren viele blind. Sie kamen oft in körperlich schlechtem Zustand und abgemagert.
Ja, es ist bewundernswert, wie diese Menschen ihr Leid und ihre Armut ertragen und sich gleichzeitig ihre Lebensfreude bewahren.
Die Kommunikation mit den Patienten war und ist, wie ich bereits erwähnte, ein großes Problem. Die Leute sprechen fast ausnahmslos Kisuaheli, Englisch nur in Ausnahmefällen, wenn dann sind es meist nur die jüngeren Patienten.
Uns stand ein Mitarbeiter der Krankenstation zur Verfügung, der die wichtigen Details übersetzen konnte.
Denn die Sprechstunden waren nicht normal.
Den Visus der Patienten mussten wir oft mit der E-Haken-Tafel bestimmen, denn nicht alle konnten Zahlen und Buchstaben lesen.
Von uns wurden dann in den kommenden Tagen mehr als 300 Patienten untersucht und augenärztlich versorgt.
Von früh bis spät operierte das Team. Hier einige Bilder aus dem OP und der Vorbereitung. Die Operationen und Untersuchungen dauerten natürlich viel länger als hier in Deutschland.
Das Team stand 12 Stunden am Tag in der Ambulanz und im OP, der Andrang war ja riesig.
Der Strom fiel gelegentlich während der Arbeiten aus. Ein Generator wurde dann in Betrieb genommen, soweit es möglich war. Dennoch wurde die Arbeit selten unterbrochen.
Viele Operationen vorgenommen, ca. 70 Patienten mit grauem Star.
Hier weitere Befunde, um nur einige zu nennen.
Weitere Befunde inkl. Anschauungsmaterial – Vorsicht nichts für schwache Nerven.
Weil der graue Star bei vielen Patienten so weit fortgeschritten war, dass sie häufig blind waren, wurden die Patienten von Ihren Angehörigen geführt. Sie waren total hilflos.
Nach einer erfolgreichen OP ist die Freude und Dankbarkeit dann groß.
Eines Tages kam ein traditionell gekleidetes Ehepaar zu uns.
Sie gehörten zu Stamm der Barabaig – sie leben von Viehzucht, ähnlich wie die Massai. Wir hörten, dass es ein reicher Mann sei, das sah man auch an seiner gekleideten Ehefrau. Ich wollte nun wissen, ob sich der Reichtum an der Zahl der Frauen oder Kinder orientiert? Alles falsch – die Anzahl der Kühe zählt. Und sein größter Wunsch war es, dass er noch einmal alle seine Kühe zählen kann!
Da er neben dem grauen auch den grünen Star hatte, waren die Erfolgsaussichten nicht so gut. Trotzdem haben wir versucht, sein Sehvermögen zu verbessern.
Auch dieser alte Mann kam zu uns in die Praxis.
Sein Alter hatte er mit mehr als 100 Jahre angegeben. Auch ihm konnte geholfen werden.
Er kam dann jedes Jahr zu uns, wenn er sich auf der Ankündigung des Ärzteteams sah und bedankte sich immer wieder.
Nach 2 Wochen hieß es dann Abschied nehmen. Die Geräte wurden abgebaut, Verbrauchsmaterialien inventarisiert, die lokalen Kollegen mit Restposten, z.B. Augentropfen versorgt, die sie nach unserer Abreise ausgeben konnten.
3 Tage vor unserer Rückreise gab es nachts heftige Gewitter und einen kräftige Sturzregen. Die Regenzeit wurde damit angekündigt. An den darauffolgenden Tagen regnete es so heftig, Ameisen und kleine Insekten kamen zu Heerscharen aus dem Boden gekrochen.
Die Patientenzahl nahm ab, denn jetzt war es für die Leute an der Zeit, auf die Felder zu gehen und diese für die neue Saat vorzubereiten.
Für unsere Rückreise zum Flughafen hätten wir besser streckenweise ein Boot gebraucht. Unser Jeep steckte teilweise bis zu den Türschwellern im Wasser und das kilometerweit.
Hinzukam das größere vollbeladene LKWs die Sandwege, jedoch besser die Wasserwege blockierten.
Unser Auto kam kaum voran und den Fahrer musste ich schließlich mit meiner Kamera motivieren, damit er immer wieder weiterfuhr.
Nach einer Tagesreise und einer sehr beschwerlichen Fahrt im Jeep erreichten wir dann doch noch den Flughafen von KJO.
Im Gepäck mit vielen einprägsamen Eindrücken konnten wir dann die Rückreise antreten, gründeten bereits 6 Monate nach diesem ungewöhnlichen Einsatz den gemeinnützigen Verein Vision for Puma. Mit diesem kleinen Beitrag versuchen wir den Menschen vor Ort seitdem zu helfen. Und dass wir etwas tun müssen, zeigt die heutige Zeit. Das Problem ist aktueller denn je.
Wie sieht es heute nach fast 10 Jahren unserer Arbeit in Puma und Tansania aus?
Eine Augenambulanz und ein mit Geräten gut ausgestatteter Augen-OP ist komplett eingerichtet worden.
Und dass es vorangeht, zeigt der Bau einer neuen Ambulanz in Puma.
Nachhaltige Entwicklungshilfe bedeutet für uns vor allem Hilfe zur Selbsthilfe. Ziel ist es tansanische Kolleginnen und Kollegen durch gezielte Ausbildung und Unterstützung zu befähigen, schon mittelfristig die Patientenversorgung in Eigenverantwortung zu übernehmen. In der aktuellen Phase ist dabei aber Unterstützung nötig.
So wurde mehreren Schwestern aus der Mission eine Ausbildung in den letzten Jahren finanziert.
Eine Schwester konnte eine Ausbildung zum Ophthalmic Officer mit unserer Unterstützung am KCMC in Moshi erfolgreich beenden.
Sie hilft uns jetzt Vorort bei unseren Einsätzen und kann auch während unserer Abwesenheit Medikamente ausgeben und Patienten für die nächsten OPs sammeln.
Um eine kontinuierliche Arbeit vor Ort weiterhin zu gewährleisten, wird im nächsten Jahr ein tansanischer Arzt für eine permanente augenärztliche Basisversorgung vom Verein in der Mission eingesetzt werden.
Die augenärztliche Versorgung in Tansania übernehmen heute noch im Wesentlichen gemeinnützige Vereine, viele von Ihnen kommen aus Deutschland. U.a. engagieren sich seit einigen Jahren in Sumbawanga im Südwesten des Landes Augenärzte aus Dinslaken 2x jährlich durch Einsätze.
Im Stützpunkt Kibosho und am Wasso-Hospital hat Dr. Miertsch aus Eckernförde eine Augenabteilung aufgebaut.
Inzwischen werden auch im staatlichen Hospital in Singida, 30 km von Puma entfernt, einfache Augenoperationen durchgeführt. Kleine Eingriffe für 12 EUR.
Es werden Operationen mit einfacher Technik ohne individuelle Linsenanpassung durchgeführt. Dies ist auf Grund der fehlenden modernen Technik nicht anders möglich.
Hier sehen wir den ersten Ansatzpunkt für eine fruchtbare Zusammenarbeit, weil wir bessere technische Voraussetzungen aus Deutschland mitbringen. Positiv sei noch zu erwähnen, dass die Ärzte mittlerweile auch in die ländlichen Regionen fahren, um Patienten dort medizinisch zu versorgen. Die Behandlung in den staatlichen medizinischen Einrichtungen ist mittlerweile kostenlos für die Patienten ist. Eine staatliche Krankenversicherung wurde vor 2 Jahren in Tansania eingeführt. Nach unseren Beobachtungen hat heute jeder 2. diese.
Aufgrund der Erfahrungen der letzten Einsätze halten wir es auch für sinnvoll, eine Optikerwerkstatt vor Ort einzurichten und einen Mitarbeiter dafür zu qualifizieren. Hier wird ein Optiker in Deutschland gesucht, der dann Anfang des nächsten Jahres vor Ort die entsprechenden Anleitungen geben kann.
So sehen wir eine große Chance, den Menschen dieser Region das wiederzugeben, worauf sie ein Recht haben:
Das Recht auf Augenlicht.
Darin liegt unsere Aufgabe und Verpflichtung.